Urlaubsorte entlang der Ostsee → Mecklenburg-Vorpommern → Hansestadt Rostock
Die schmucken Türmchen, Portale oder Spitzbögen des Rostocker Rathauses lassen ahnen, wie reich und wie stolz die Bürger der Hansestadt Rostock einst waren. Aus der Kröpeliner Straße kommend, hat man den wohl besten Blick auf das gesamte Bauwerk.
1262 vereinigten sich drei Teilstädte (Alt-, Mittel- und Neustadt). Es entstand ein Bedarf an einer gemeinsamen Stadtverwaltung. Die Ratsherren beschlossen deshalb, ein ansehnliches Gebäude errichten zu lassen und es auch für verschiedene Zwecke zu nutzen. Das Gebäude sollte an der Ostseite des Neuen Marktes stehen.
Das Rathaus ist der älteste erhalten gebliebene Profanbau in der Stadt. Es entstand im 13. Jahrhundert in Backsteinbauweise, erkennbar am spitzbogigen Blendgiebel mit den oft erwähnten sieben Türmen. Über die Jahrhunderte unterlag das Rathaus jedoch vielen Veränderungen und der ursprüngliche Ziegelbau wurde durch barocke Vor- und Umbauten größtenteils überlagert.
Die Architektur des Gebäudes wird durch zwei Stile geprägt – von dem der Gotik und dem des Barock.
Das Bauwerk setzt sich primär aus zwei unterkellerten Bürgerhäusern zusammen. Die Giebel liegen parallel, ihr Grundriss ist ein Rechteck, das den Kern des Rathauses bildet. Zwei Dächer in Sattelform, die von Osten nach Westen verlaufen, verbinden beide Häuser. Im Innern des Rathauses sind die Dächer als zwei Schiffe auszumachen. Eine massive Mittelarkade mit sechs Bögen dient als das grundlegende Gerüst des Bauwerks. Bei so einer Anordnung entsteht eine große Rathaushalle im Innern.
Die gotischen Fensteröffnungen sind klein, sodass wenig Licht einfällt. Und sie sind offen. Bei schlechtem Wetter schützen Holzluken, welche die Räume natürlich noch dunkler machen. Lichtquellen, wie Kerzen oder Öllampen, erhellen dann die Räume.
Der schlichte, glatte Backsteinziegel dominiert in den Wänden. Nur an den Blenden, Pfeilern und Fenstern werden Formsteine verwendet.
Zum Neuen Markt hin werden die beiden Bürgerhäuser durch die Errichtung einer spätgotischen Schauwand aus glasierten farbigen Ziegelsteinen verschönert. Gewollt ist ihre optische Einheit. Davor wird eine zweigeschossige hölzerne Laube aufgestellt. Sie hat lediglich ein einziges Fensterstockwerk und nimmt sich eher unbedeutend gegenüber der Prunkwand aus, obwohl sie aufwendig dekoriert ist. Die Laube, eine überwölbte Loggia, ist zum Markt hin offen. Die Ratsherren geben an dieser Stelle den Bürgern die neuen Gesetze der Stadt bekannt. Solche Verkündigungen heißen "Burkspraken“. Außerdem ist die Laube für die Auftritte der Stadtpfeifer da.
In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts bereits ist das Rathaus um ein Obergeschoss erweitert worden. Der hinzugewonnene Platz reicht für einige Jahrzehnte aus, aber die Stadt wächst. Ende des 15. Jahrhunderts braucht man weitere Räumlichkeiten. Als ein seitlicher Anbau am Rathaus wird 1484 das dritte Gebäude errichtet. Man nennt es das „Neue Haus“ oder auch das „Hochzeitshaus“. Der letztere Name weist darauf hin, dass das Gebäude als ein städtisches Festhaus fungierte, auch für private Feiern.
Der Festsaal nennt sich seit 1575 auch Kaisersaal. Zur Würdigung des Kaisers Maximilian hängt dort ein Bild des Herrschers.
In die Zeit der Gotik fällt das Aufsetzen der 7 Türme. Zunächst schmücken das Rathaus aber nur 3 Türme. Sie erhalten ihre Anordnung in jener Bauphase, in der die Giebel der beiden Bürgerhäuser eine Blende erhalten. Mit dem Bau des dritten Hauses werden auch die Laube und die Schauwand länger. Es ergibt sich Platz für weitere Türme.
Lange, sogar bis Ende des 19. Jahrhunderts sind diese drei Häuser noch als einzelne Gebäude an der Rückseite des Rathauses zu unterscheiden.
Was ist aus der Gotik außerdem erhalten?
Im Inneren können die spätmittelalterliche Balkendecke und
Fragmente eines Segelschiffes aus der Hansezeit angesehen werden. Unter
den Kolonaden ist ein Wandgemälde bewahrt. Es stellt Christus als
Weltenrichter dar.
Ebenfalls die zwei Portale, die vom Neuen Markt in das Gebäude führen, sind ein Erbe der Gotik. Man betritt durch sie jeweils eins der Schiffe, die zu den Kernbauten des Rathauses gehören.
Der barocke Stil zeigt sich erstmals am Rathaus, als Zacharias Voigt, ein Baumeister aus Sachsen, im Jahre 1727 das Gebäude mit einem Vorbau versieht. Der Baumeister ersetzt die Laube, welche bei einem Sturm 1718 stark beschädigt worden ist. Der Vorbau nimmt in seiner Ausdehnung viel von der Schauwand weg. Nur ihr oberster Teil mit den Spitzbögen und Türmen sind letztendlich unverdeckt. Italienische und französische Einflüsse sind in Voigts Bauweise nicht zu ignorieren. Von ihm stammt auch der rosafarbene Anstrich des Rathauses.
1735 setzt sich die barocke Kunst im Innern fort. Der aus Lübeck stammende Baumeister Petrini übernimmt den Auftrag, die Diele und den Festsaal im Obergeschoss neu zu gestalten. Der Festsaal wird durch eine Veränderung in der Deckenkonstruktion vergrößert. Man dekoriert den Saal mit feinen Stuckaturen. Im Innern des Rathauses baut man barocke Treppen und eine Galerie ein.
Das Rathaus wird auf Petrinis Wirken hin um ein Stockwerk erhöht. Die rechteckigen Fenster im neuen Geschoss werden kleiner gebaut. Viele Räume werden überhaupt anders angeordnet. Verschont von allen Umbauten bleibt nur der vierschiffige Ratskeller. Uns so sind auch seine ursprünglichen Kreuzgewölbe erhalten. Vom Neuen Markt führt eine Treppe hinunter.
Übrigens, die Frage, ob der Vorbau wieder abgerissen werden sollte, bewegt schon seit 1727 die Gemüter.
1850
Aufteilung der Rathaushalle in kleine Büroräume, neogotische Schmuckelemente werden verwendet, erhalten bleiben achteckige Holzsäulen mit Stuckkapitellen
1907
Erweiterung des Rathauses in östliche Richtung durch ein Stadthaus im Jugendstil, mit einer Brücke werden die Bauten verbunden, Pläne stammen vom Stadtbaudirektor Gustav Dehn, in den Jahren zuvor starker zahlenmäßiger Anstieg der Verwaltungsangestellten
1935
Eingliederung der Häuser Nr.33 und 34 des Neuen Marktes in den Rathauskomplex
1950
erneuter Anbau, aufgrund seiner Bauweise – funktionalistischer Stil – im Volksmund als „Hasenstall“ bezeichnet
1977
Renovierung des Festsaales
1978
Brand, der großen Schaden verursacht
1992
umfassende Sanierung beginnt
2001
Abschluss der Sanierung, in Rathaushalle einige mittelalterliche Elemente wieder sichtbar gemacht
Natürlich war das Rathaus der Ort, an dem man zu Gericht saß. Aber das Gebäude war auch ein Kaufhaus bzw. ein Warenlager. In seinen unteren Räumen, den Keller mit eingeschlossen, gab es Verkaufsstände. Sie wurden an Kaufleute verpachtet, an Tuchhändler, Gerber, Weber, Pelzer oder andere. Aus heutiger Sicht war es eine große Markthalle. Im Erdgeschoss prägen besonders die großräumigen Arkaden dieses Bild.
Stände im Keller waren bevorzugt von den Tuchhändlern besetzt. Die Feuchte dort ließ die Stoffe leichter glatt bleiben. Der Keller wurde später in einen öffentlichen Bier- bzw. Weinkeller umfunktioniert, als der Tuchhandel an Bedeutung verlor.
Erzählungen vom „Brummbärenloch“ im Ratskeller machten hauptsächlich bei Studenten die Runde. Jene, die allzu sehr gezecht hatten und ihre Lautstärke nicht mehr unter Kontrolle hielten, verbrachten dort die Nacht.
Heute hat der Oberbürgermeister seinen Sitz im Rathaus, ebenso die Verwaltung und die Bürgerschaft der Stadt Rostock. Im Rathaus tagt das Stadtparlament.
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... an der Schlangenplastik in Lebensgröße. Die Plastik ist an einer Säule des Bogenganges diebstahlsicher in die Bausubstanz eingelassen. Die Bronzeschlange mit Aalschwanz wurde 1998 von Erhard John geschaffen.
Warum eine Schlange am Rathaus? Vielleicht ist sie eine Mahnung an die Stadtväter, auf Weisheit basierende Entscheidungen zu treffen. Vielleicht diente sie früher den Fischfrauen als Aalmaß. Einvernehmen herrscht aber darüber, dass nur wer sie angeschaut hat, Rostock kennt. So hielt man es jedenfalls bei den fahrenden Gesellen.
Das Rathaus ist eine Sehenswürdigkeit unseres virtuellen Stadtrundganges durch die Rostocker Altstadt.
Beitrag: Brigitte Hildisch, Rövershagen