Region: Ostsee → Mecklenburg-Vorpommern → Kirchen Hansestadt Stralsund
Text: zur Verfügung gestellt von der St. Jakobikirche Stralsund
Grundriss: v. Haselberg, 1902 Fotos: Krämer 2007, 2009 ; Bild oben: Andreas Strandt
I. Bauphase: Bau der St. Jakobikirche im 14. Jh.
Die
erste schriftliche Nennung der St. Jakobikirche befindet sich in einer
Urkunde vom 9.8.1303. Die Nennung lässt den Schluss zu, dass die Kirche
zu Beginn des 14. Jh. im Bau war. Man kann von der Fertigstellung des
östlichen Teils der Kirche 1321 ausgehen. Noch in den 1340er Jahren
wurde intensiv gebaut. Zu einem gewissen Abschluss des Kirchenbaues muss
es um 1350 gekommen sein, was aus den Stiftungen für die Glocken der
drei Kirchen von 1340 und 1349 und aus der Inschrift von 1351 zu
schließen ist, damals erfolgte eine Stiftung von eintausend
Ziegelsteinen zum Bau der Kirche. Aus Stiftungen der 1380/90er Jahre
geht hervor, dass mit der Errichtung der Kapellenbauten am Langhaus
begonnen worden war.
II. Bauphase: Turmumbau und Kapellenanbauten
Ende
des 14. und zu Beginn des 15. Jh. wurden auf der Nord- und Südseite der
Kirche zwischen die Strebepfeiler die Einsatzkapellen angebaut. Der
Turmumbau kann in die 2. Hälfte des 15. Jh. datiert werden. Ende der
1480er Jahre wird er fertiggestellt worden sein. Unter Einbeziehung der
westlichen Turmpfeiler des ersten Turmes, die nun die östlichen Pfeiler
des neuen Turmes wurden, und Neubau zweier westlicher Pfeiler entstand
der neue Turm. Gleichzeitig verlängerte man die Seitenschiffe mit
Kapellenbauten nach Westen. Der alte Turmstumpf blieb bis etwa in Höhe
der Schluss-Steine des Mittelschiffgewölbes erhalten.
III. Bauphase: Reparaturen des 16. bis 19. Jh.
In
den nachfolgenden Jahrhunderten wurden im Wesentlichen
Reparaturmaßnahmen, die durch Naturkatastrophen oder Kriegseinwirkungen
verursacht waren, durchgeführt. Ein Blitzschlag zerstörte 1662 die
hölzerne Turmpyramide mitsamt den kleinen Nebentürmchen und das
Kirchendach. Das Holzwerk barocken Turmhelms wird dendrochronologisch
auf 1678 bestimmt, so dass man die Fertigstellung in die 1680-er Jahre
datieren kann.
IV. Bauphase: Umfassende Instandsetzung Mitte des 19. Jh. und Reparaturen bis zum II. Weltkrieg
1850-1868
wurde die Kirche außen und innen völlig instand gesetzt, das Mauerwerk
wurde überarbeitet durch Steinauswechslung, Mörtelplomben und schwarze
Neuverfugung. Alle Fenster wurden mit Ziegel-Maßwerk mit wechselnden
Mustern versehen und die Fensterbänke mit englischem Schiefer abgedeckt.
Im Innern wurde eine massive Chorschranke mit Gipsstuck aufgeführt.
1943 wurden große Teile des Inventars in Kisten verpackt und im Rahmen
der Kunstschutzmaßnahmen ausgelagert.
V. Bauphase: Wiederaufbau und Nutzung bis zur Wende 1989
Am
6.10.1944 wurde die Kirche durch einen Bombentreffer im 11. südlichen
Joch und durch Treffer in der Umgebung stark geschädigt. Die Dachdeckung
des südlichen Seitenschiffs wurde gänzlich zerstört, über der
Westhälfte wurden die oberen Teile der Mauern mitsamt den Gurtbögen,
Gewölben, der Balkenlage und der ganzen Dachkonstruktion vernichtet.
Nach Kriegsende erfuhr St. Jakobi, wie auch die anderen Kirchen,
Plünderungen und Diebstahl. Das Gestühl und Teile der Kapellenschauwände
wurden verheizt.
1949 begann man mit ersten Notsicherungsmaßnahmen:
Einziehen von eisernen Trägern unterhalb der Kämpferhöhe im Bereich der
vier Pfeiler im nördlichen Seitenschiff; Aufstellen von vier Streben im
Hauptschiff; maurermäßige Ausbesserung eines Pfeilers im südlichen
Seitenschiff. Um den Baugrund zu untersuchen, wurden mehrere Bohrungen
durchgeführt; die Grüfte der Seitenschiffe wurden mit Erde und Bauschutt
verfüllt und ein 10 m hoher Strebepfeiler an der mittleren
Seitenkapelle der Nordfront aufgemauert. 1951 begann man mit dem
Wiederaufbau des südlichen Seitenschiffs: Erneuerung und Ergänzung der
Mauern und Gurtbögen, Deckung des Seitenschiffdaches mit Schiefer.
1952/53 erfolgte die Einwölbung des Seitenschiffs.
1950-1955 erfolgte der Einbau eines Gemeindesaals, des
"Gustav-Adolf-Saals", im Turm durch Einziehen von Kreuzrippengewölbten
Zwischendecken. 1959 wurden neue Zug- und Druckanker im Mittelschiff
eingebaut. 1961 fanden Reparaturen an einigen Gewölben statt, wobei es
zum Einsturz eines Gewölbes der Nordseite kam. 1961 wurde aus statischen
Gründen ein Ringanker aus Beton im Turm eingebaut. 1964 brachte man
ebenfalls aus Sorge um die Standsicherheit eine Versteifung im Fußboden
und den Zementboden ein. Ende der 1960er Jahre wurden die
Obergadenfenster verglast. 1969 wurden drei Räume in den Kapellen des
südlichen Seitenschiffs als Archiv für das Archivgut der Stralsunder
Kirchengemeinden nach Plänen von Dipl.-Ing. Herborn ausgebaut. Man
errichtete dafür ein massives Treppenhaus im südlichen Turmbereich,
baute eine Zwischendecke und einen neuen Eingang neben dem südlichen
Treppenhaus ein. In den 1980er Jahren befand sich in St. Jakobi der
kirchliche Bauhof der Pommerischen-Evangelischen Kirche (damals
Evangelische Landeskirche Greifswald) im Kirchenschiff. Hinter einer
steinernen ca. 5 m hohen Trennwand lagerte im Altarraum das Kunstgut.
VI. Bauphase: Instandsetzung und Umnutzung zur Kulturkirche
Mit
der politischen Wende 1989 begann die derzeit noch andauernde Bauphase.
Die Maßnahmen wurden gefördert durch die Deutsche Stiftung
Denkmalschutz, das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Hansestadt
Stralsund. Die Wiederherstellung des Äußeren der Kirche ist
abgeschlossen.
St. Jakobi ist eine dreischiffige Pfeilerbasilika mit geradem Chorschluss und einem Westturm. Das Langhaus hat eine Länge von fünf Jochen, der Chor von zwei. Die beiden hintereinander liegenden Turmbauten werden von Seitenhallen und Kapellen flankiert, die mit der Turmfront abschließen. Den westlichen vier Basilikajochen sind Kapellen unterschiedlicher Tiefe angefügt. Alle Joche, mit Ausnahme des Turmjoches, das mit einem vierzackigen Sterngewölbe mit kreisförmiger Öffnung schließt, besitzen Kreuzrippengewölbe. Am östlichen Joch der Nordseite befindet sich ein zweijochiger, zweigeschossiger Sakristeibau mit Sterngewölben.
Die lichte Weite des Mittelschiffs beträgt ca. 9,00 m, die Höhe 24,60 m. Die Breite der Turmfassade beträgt etwa 32,20 m, der Turm besitzt heute eine Höhe von etwa 68,10 m. Die Kirche hat eine Gesamtlänge von 72,30 m.
Die Reste der einst reichen Ausstattung zum Teil im Kunstgutlager in der Kirche eingelagert.
Dreifaltigkeitsaltar, um 1500, im Kunstgutlager
Altar der Hl. Sippe, Anf. 16. Jh. z. Zt. als Leihgabe im Pommerschen Landesmuseum Greifswald
Fragmente spätgotischer Kapellenschranken, teils als Leihgabe im Pommerschen Landesmuseum Greifswald, teils im Kunstgutlager
Sehr reiche Renaissancekanzel, 1635, H. Lucht, zerlegt, die Wiedererrichtung hat begonnen
Kronleuchter, Messing, 1683 und 1671
Uhr mit Ziffernblatt um 1400, Gehäuse 1673 von N. Arpe und P. Schack, einige Figuren erhalten, im Kunstgutlager
Großer Orgelprospekt, 1733-38, nach Entwurf von G. Richter, figürlicher Dekor von M. Müller, die Schnitzteile eingelagert
Hochaltar, 1786-88 von C. N. Fresse, Gemälde von J. H. Tischbein (Kreuzabnahme und Himmelfahrt)
Überlebensgroße Holzfigur des Amos, 1951 von D. W. Groß
Großartiger gotischer Kirchenraum; durch die hohen Arkaden von weiträumiger Wirkung. In der Turmhalle eindrucksvolle Treppenanlage der 1950-er Jahre.
Die Außenflächen der Kirche sind bereits instand gesetzt
worden. Die Restaurierung des Innenraums begann 2005 im Turmbereich, in
Vorbereitung des Ausbaus der vorhandenen Turmgeschosse aus den 1950-er
Jahren zur Studiobühne des Theaters Vorpommern.
Die jüngsten Restaurierungsarbeiten an der Ausstattung betrafen bislang u.a.:
Nutzung als Kulturkirche (Theater / Konzerte / Ausstellungen /
Kunsthandwerkermarkt). Betreibung durch das Kreisdiakonische Werk
Stralsund, das einen Kulturmanager eingestellt hat. Der Besuch der
Kirche für Touristen wird durch regelmäßige Öffnungszeiten ermöglicht.
Gottesdienst, immer mit Kindergottesdienst.
Adresse der Kirche
Kulturkirche St. Jakobi
Jacobiturmstraße 28a
18439 Stralsund
Öffnungszeiten der Kirche:
Verwaltung durch:
Kreisdiakonisches Werk Stralsund e.V.
Kulturkirche St. Jakobi
Langenstraße 53
18439 Stralsund
Tel. 038 31 - 30 96 96
Fax: 038 31 - 30 96 97
E-Mail jakobi.kultur@kdw-hst.de
Spendenkonto:
Kennwort: KDW
KontoNr. 122 08 10
BLZ 130 910 54
Pommersche Volksbank eG
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