Region: Ostsee → Mecklenburg-Vorpommern → im Urlaub in Stralsund
Quellenangabe: Beitrag und Bilder - Wulf Marquard
Länge
82 m
Breite
12 m
Verdrängung
1350 t
Segelfläche
1790 qm
Bauwerft
Blohm+Voss
Bau-Nr.
495
Mit dem Ankauf des 1933 bei Blohm+Voss in Hamburg gebauten Segelschulschiffes, das nach dem 2. Weltkrieg Reparationsgut der UdSSR wurde, hat der gemeinnützige Verein Tall-Ship Friends 2003 ein nicht unbedeutendes Stück deutscher Marine- und Seefahrtsgeschichte wieder nach Deutschland geholt - ein historisch einmaliger Vorgang.
Die Geschichte der GORCH FOCK beginnt mit dem Untergang des
Marineschulschiffes NIOBE im Sommer 1932, bei dem 69 Männer den Tod
finden. Mitten in der Weltwirtschaftskrise spendet die deutsche
Bevölkerung daraufhin 20% der Bausumme für einen Neubau, der nach nur
100(!) Tagen Bauzeit im Mai 1933 vom Stapel läuft. Gebaut nach extremen
Sicherheitsvorschriften, kann sich das 82m lange Schiff aus 90°
Schräglage wieder allein aufrichten.
Getauft wird das Schiff auf den Namen GORCH FOCK, Pseudonym
des 1899 in Finkenwerder bei Hamburg geboren niederdeutschen
Schriftstellers Johann Kinau, der sein Leben in der Skagerrakschlacht
1916 verliert.
Zu Beginn des 2. Weltkrieges kommt der Ausbildungsbetrieb zum
Erliegen. Kriegsende ist die GORCH FOCK in Stralsund stationiert.
Wehrmachtspioniere sprengen das Schiff am 30. April 1945.
1947 wird die GORCH FOCK auf Anordnung der russischen
Militäradministration gehoben und an Werften in Rostock und Wismar
wieder in Stand gesetzt.
Im Materialmangel der Nachkriegszeit wird jedes Stück Metall
nach Möglichkeit wiederverwendet. So auch der Messingreifen des
Doppelruders, der von den Werftarbeitern umgekehrt montiert werden, so
dass der Schiffsname "Gorch Fock" und das Motto "Gott mit uns" nicht
lesbar sind. Ab 1951 ist die Bark unter dem Namen TOWARISCHTSCH
Schulschiff unter UdSSR- Flagge und segelt mit ihrem verdeckten Namen
und dem Motto, das auch russischen Seeleuten offensichtlich Glück
gebracht hat, 400.000 Seemeilen ohne Unfall. Bei Auflösung der
Sowjetunion 1990 verbleibt die Bark in ihrem ukrainischem Heimathafen
Kherson.
Neben "echten" Seefahrtschülern nimmt die 82 m lange Bark ab 1991
auch Windjammerenthusiasten aus dem Westen auf ihre Reisen mit. Zum
60."Schiffsgeburtstag" kommt die Bark 1993 nach Rostock, dann wird das
(Schiffs-) leben schwer: Die Liste erforderlicher Reparaturen ist lang,
Mittel für Reparaturen in der Ukraine nicht verfügbar.
Der Verein Tall-Ship Friends vermittelt 1999 einen
Liegeplatz in Wilhelmshaven. TOWARISCHTSCH ist das Highlight der "Expo
am Meer 2000". Aber auch hier scheitern die Bemühungen, ausreichende
Mitteln für die umfangreichen Reparaturen zu beschaffen.
2003 kauft der Verein Tall-Ship Friends e.V. das Schiff vom
ukrainischen Bildungsministerium. Weil das Schleppen des Schiffes nicht
genehmigt wird, lässt Tall Ship Friends Vorstand Wulf Marquard die Bark
kurzer Hand in einem Dockschiff nach Stralsund bringen.
Die Transportkosten verschlingen fast alle, für die
Reparaturen an der Stralsunder Volkswerft vorgesehenen, Mittel, aber am
22. November 2003 wird die Bark in Stralsund auf ihren alten Namen GORCH
FOCK getauft.
Freiwillige demontieren in der Folgezeit unbrauchbare Einrichtungen und die veraltete Technik. Schon 2007 ist der Rückbau der GORCH FOCK (I) sichtbar fortgeschritten. Die Aufsichtsbehörden begleiten das Projekt wohlwollend. Das große Doppelruder glänzt wieder (mit dem alten Namen) in alter Pracht.
Mehr als 1.5 Mio Euro sind bisher in den Wiederaufbau der GORCH FOCK (I) geflossen. Noch sind erhebliche Mittel, nötig, bis die GORCH FOCK (I) ihr täglich Brot wieder selbst verdienen kann. So, wie es sich gehört - unter Segeln!
Übrigens:
Die GORCH FOCK (I) ist das erste von sechs, an
der Werft Blohm und Voss, gebauten baugleichen Segelschiffen und
Schwesterschiff der GORCH FOCK II der Deutschen Marine.