Region: Ostsee → Leuchttürme Mecklenburg-Vorpommern → im Urlaub in Vorpommer-Greifswald
Beitrag: Brigitte Hildisch, Rövershagen
In Zusammenarbeit mit Herrn Berger und Herrn Ahrendt, Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund
Es wurde am Anfang des 19. Jahrhunderts eingerichtet, zu einer Zeit als die Handelsschifffahrt einen kräftigen Aufschwung erlebte. Immer mehr Handelsleute benutzten die Schiffsroute entlang des Greifswalder Boddens, um mit den weiter östlich gelegenen Hansestädten ihre Waren auszutauschen.
Im Oktober des Jahres 1832 erging erstmals eine amtliche Mitteilung über
die Errichtung eines Leuchtfeuers auf der Greifswalder Oie an die
Mitglieder der Stralsunder Kaufmannschaft. Und nur wenige Wochen später
gab der damalige Minister des Innern für Handel und Gewerbe bekannt,
dass ab dem 1. Dezember von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang ein
Leuchtfeuer den zahlreichen Schiffen ihren Weg weisen wird. Dieses Feuer
auf einer Bake, bestand aus zwei Laternen, die in einem Abstand von 25
Fuß (1 engl. Fuß = 30,48 cm) übereinander aufgehängt waren. Da die Bake
auf einem Erdhügel im Nordwestteil der Insel stand, konnte man ihr
Laternenlicht noch 1,5 Seemeilen entfernt sehen, allerdings nur bei
guten Wetterbedingungen.
Mitte des 19. Jahrhunderts traten gehäuft Schwierigkeiten
bei der Bedienung der Ziehlaterne auf, sodass eine neue Konstruktion
notwendig wurde. Bis 1855 setzte man die Bake ein. Dann übernahm ein
moderner Leuchtturm die Aufgabe, den Schiffen zur Orientierung zu
dienen.
Das Neue bestand darin, 12 Parabolscheinwerfer auf einer drehbaren
Plattform zu montieren. Jeweils 6 dieser Scheinwerfer strahlten weißes
bzw. rotes Licht aus. Durch den charakteristischen Wechsel des Lichtes
erhielt der Leuchtturm seine Kennung. Neu war wohl auch, dass das
gesamte Linsensystem aus echtem böhmischen Bleikristall bestand. Und neu
war, dass die Scheinwerfer auf einem sogenannten Drehtisch montiert
wurden. Eine wirklich gut durchdachte Lösung, denn das Drehfeuer
leuchtete rund um den Horizont. Dazu muss man sich die Lage der
Greifswalder Oie inmitten der Pommerschen Bucht bewusst machen. Das
Licht wurde nicht nur von Schiffen, die den freien Seeraum in der Ostsee
nutzten, sondern auch von jenen, die im Greifswalder Bodden ihren Kurs
suchten, zur Orientierung benötigt. So ist es noch heute.
Für das Funktionieren des Leuchtfeuers sorgte der
Leuchtturmwärter. Aus heutiger Sicht auf eher ungewöhnliche Weise. So
war es täglich seine Aufgabe, die Gewichte, welche das Leuchtfeuer
antrieben, wieder in die Höhe zu ziehen. Man kann das Prinzip mit dem
einer Kuckucksuhr vergleichen.
Für das Licht des Dochtes verwendete man zuerst Rapsöl, später Petroleum.
Der Umbau des Turmkopfes in den Jahren 1913/14 brachte
technische Veränderungen. Aus diesem Grunde erhielt das Leuchtfeuer
einen Linsenapparat aus Fresnelschen Linsen. Diese Optik hatte einen
Durchmesser von fast 2 m. Und sie war zu jenem Zeitpunkt die größte in
Deutschland. Als Lichtquelle diente ein Benzolglühlicht, welches erst im
Jahre 1938 durch ein elektrisches Glühlicht ersetzt wurde. Damit also
erhöhte sich die Reichweite des Lichtes auf etwa 24 Seemeilen.
Ein weiteres wichtiges Jahr in der Geschichte des
Leuchtfeuers war das Jahr 1978. Man begann mit der Fernüberwachung des
Leuchtturms.
Der Leuchtturm hat die Form eines Achtecks. Um ihn stabil zu halten,
wurde ein viereckiger Unterbau errichtet. Als in den Jahren 1913/14 der
gesamte Leuchtturm rekonstruiert wurde, sicherte man die Grundmauern
zusätzlich durch das Einlegen von 2 Verankerungsrahmen aus alten
Schienen.
Das umgebaute Laternenhaus, mit einem Durchmesser von 4,5
m, wurde ebenfalls auf einem soliden Unterbau gesetzt. Er bestand aus
Gusseisen und hatte eine Höhe von 2,3 m.
Nach der Rekonstruktion bestimmte man die Gesamthöhe des
Turmes neu. Seitdem wird sie mit 38,6 m.angegeben. Die Feuerhöhe beträgt
nun 48,5 m über dem Meeresspiegel. 176 Stufen sind zu bezwingen, um in
die Spitze des Turmes zu gelangen.
Wie viele Leuchttürme an der deutschen Ostseeküste ist
auch der Turm auf der Greifswalder Oie ein rotbrauner Backsteinbau. Es
ist ein Farbton, der auch bei Tage weithin sichtbar ist.
Mit der Überwachung des Leuchtfeuers aus der Ferne endete das fast 130-jährige Wirken des Leuchtturmwärters auf der Greifswalder Oie. Der letzte Feuermaschinist Heinz Mai verließ mit seiner Familie die Insel für immer. In der Folge wurden nicht mehr genutzte Gebäude wie Schuppen oder Ställe abgerissen. Aber so ganz unbewohnt ist der Leuchtturm auch nicht. Schwalben haben ihre Nester unterhalb der ersten Galerie des Leuchtturmes angelegt.
Nach 1990 erfolgte die Rekonstruktion des gesamten Komplexes, bestehend
aus dem Leuchtturm und verschiedenen umliegenden Gebäuden. Erforderlich
wurde die Sanierung durch den teilweise weit fortgeschrittenen Verfall
einiger Gebäude, da diese in den Jahren zuvor keinen rechten
Verwendungszweck hatten. Trotz beschränkter finanzieller Mittel erwies
sich eine Generalüberholung als unumgänglich. Das ehemalige zweite
Wohnhaus und das Maschinenhaus (siehe Nebelsignalanlage)
baute man zurück. Wirklich erneuert wurden der Leuchtturm bzw. das
angrenzende Wohnhaus. Der Leuchtturm sollte fortan der Öffentlichkeit
präsentiert werden. Anlässlich der 150 Jahrfeier Leuchtturm Greifswalder
Oie wurde die untere Galerie erstmalig für Besucher freigegeben.
1995 modernisierte man die Leuchtfeueroptik, um sie
sicherer gegenüber möglichen Störungen zu machen bzw. die Reichweite des
Lichtes zu optimieren. Die alte Lichtquelle (das elektrische Glühlicht)
konstruierte man in eine Entladungslampe um, die nun eine Leistung von
2000 W hatte. Sie kann 26 Seemeilen (ca. 48 km) weit strahlen. Heute
sorgen Dieselaggregate für den Strom, der zum Funktionieren des
Leuchtfeuers notwendig ist. Bei einem eventuellen Stromausfall auf der
Oie schalten sich nach drei Minuten zusätzliche Energiequellen ein.
Für ein reibungsloses Betreiben der Leuchtfeueroptik ist
seit 1990 das Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund verantwortlich.
Jährlich zweimal erfolgt zum Beispiel eine Reinigung der Sammellinsen.
Wie schon erwähnt, ist das Leuchtfeuer auf der Greifswalder Oie ein ganz besonderes, weil es sich links herumdreht. Es sendet alle 3,8 Sekunden einen Blitz von 0,2 Sekunden Dauer aus. Das Licht des Blitzes ist weiß.
Den Grundstein für den Bau des Leuchtturms legte Seine Majestät Friedrich Wilhelm IV König von Preußen selbst. Er gab durch seine Anwesenheit dem Bau eine besondere Huldigung. An jenem 24. August 1853 lief allerdings nicht alles zur Zufriedenheit Seiner Majestät ab. Aus der Chronik erfährt man, dass der Empfang in den Augen des Königs nicht respektvoll war. Ein Bild des Herrschers nämlich, das er in einer Bauernstube erspähte, war nicht vom Fliegendreck gereinigt worden. Daraufhin war Majestät sehr verärgert.
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Fahrgastschiffe der Apollo GmbH Fahrgastreederei befördern die Besucher aus den Häfen Peenemünde und Freest zur Insel. So eine Überfahrt dauert etwa 90 Minuten. Hier angekommen, werden sie von Mitarbeitern des Vereins JORDSAND zum Schutze der Seevögel und der Natur e. V. begrüßt. Sie erfahren Wissenswertes über die Insel und warum der Vogelschutz hier so groß geschrieben wird. Im Anschluss kann der Leuchtturm besucht und die Insel erkundet werden. Nach einem 2-stündigen Aufenthalt bringt Sie das Schiff zurück.
Will man einmal einen Ausflug zum Leuchtturm machen oder ist man
gezwungen auf Grund schlechten Wetters den schützenden Hafen
aufzusuchen, passiert man zwei weitere kleine Feuer, die sich auf den
Molen des Hafens befinden und die Einfahrt kennzeichnen sollen. Auch sie
dienen der Sicherheit der Schiffe beim Ansteuern der Greifswalder Oie.
Oder sind sie nur die Begrüßungslichter für jeden Besucher auf dieser
fast menschenleeren Insel?