Region: Ostsee → Mecklenburg-Vorpommern → Nordvorpommern → im Urlaub in Kenz
Quellen: Pastor Gerber, Barth-Lexikon Dr. Jürgen Hamel, Beitrag Brigitte Hildisch, Rövershagen
Kenz 2004. Das heilende Wasser kann in einem neuen Brunnenhaus getrunken werden. Fördermittel der EU zur Stärkung des ländlichen Raumes und Mittel durch den Landkreis Nordvorpommern und das Land Mecklenburg-Vorpommern machten seine Errichtung möglich.
Die Erzählungen über den Kenzer Gesundbrunnen reichen in die letzten Jahre des 14. Jahrhunderts zurück. Es ist überliefert, dass eine hölzerne Statue von Maria Pomerana Miraculosa Bedürftigen den Weg zu einer wundertätigen Quelle wies. Jene Wasserstelle wurde alsbald zu einem heiligen Ort, da mehr und mehr Pilger hofften, dort Erlösung zu erfahren. In der Zeit von 1400 bis 1510 entwickelte sich Kenz zu einem bedeutungsvollen Wallfahrtsort in Vorpommern.
Zunächst kamen die Wallfahrer zur Jungfrau Maria mit der Bitte um Ablass. Die Pilgerei galt als Ausdruck besonderer Frömmigkeit. Mit inständigem Beten vor einem Gnadenbild meinten Pilger, sich vor dem Fegefeuer der Hölle zu retten. Bereits um1400 baute man folge dessen eine Wallfahrtskirche in Kenz. Die heutige Kenzer Kirche steht noch an genau dieser Stelle.
Aber Kenz bot mehr. Es gab eben diesen Wunderbrunnen, welcher eine Linderung von Krankheiten verhieß. Die damals grassierende Pest erhöhte den Andrang von Pilgern beträchtlich. Der Kenzer Heilbrunnen war für viele ein letzter Versuch, dem nahenden Tod zu entrinnen. Zu den Pestkranken gehörte auch Herzog Barnim VI. von Pommern-Wolgast. Wie andere war er von der Heilwirkung des Brunnens überzeugt. Allerdings erreichte der Herzog sein Ziel nicht mehr. Er verstarb auf seinen Gütern in Pütnitz bei Ribnitz-Damgarten und wurde in Kenz beigesetzt.
Im 16. Jahrhundert setzte mit der Reformation ein neues Denken ein. Das Beten für Ablass fand offene Ablehnung, die Heiligenverehrung verlor ihre einstige Bedeutung. Somit auch die Pilgerbewegung zum Wallfahrtsort Kenz.
Erst 1690, als der vielseitig interessierte Stralsunder Pastor Mathias Kienast das Kenzer Brunnenwasser untersuchen ließ, wurde die allgemeine Aufmerksamkeit wieder auf den Ort gelenkt. Die Untersuchung ergab, dass im Wasser enthaltene Mineralien und Alkalien wirklich eine heilsame Wirkung entfalteten. Bei Gliederschmerzen, Lähmungen der Glieder, Augenleiden und Geschwülsten an den Beinen bzw. Nierenleiden empfahl man, das Brunnenwasser anzuwenden. Und mit Gottes Hilfe, so predigte Pastor Kienast, würde künftig eine Verbesserung des krankhaften Zustandes eintreten. Bevor man jedoch den Brunnen überhaupt nutzen konnte, musste der "garstige Pfuhl" gereinigt werden.
Der Bau eines Brunnenhauses mit den Maßen 1,9 x 1,9 m unterstrich die wachsende Bedeutung der Kenzer Quelle. Darüber hinaus sollte 1691 ein Logierhaus mit 30 Appartements errichtet werden. Ein Vorhaben, das nie vollendet wurde.
Aus dem Brunnenbuch, geführt vom jeweiligen Pastor der Kenzer Kirche, kann man entnehmen, dass ständig Gäste kamen. In den Jahren 1707/08 weilten 20 "Kurpatienten" im Ort. Ein Teil der Einnahmen wurde in neue Baumaßnahmen investiert. Nach 1721 hatte Kenz einen großen Zulauf von Genesungssuchenden. Die Aufzeichnungen sprechen von bis zu 50 Badegästen. Und 1753 waren es sogar 60 Personen, meistens aus den Gegenden um Stralsund, Franzburg und aus Barth. Sie hielten sich von Juni bis August in Kenz auf.
Überdies verkaufte man das Brunnenwasser an Abnehmer in Stralsund und Rostock. So bekannt war seine wohltuende Wirkung. Und trotz des Transportes veränderte sich die Qualität nicht.
Seit 1742 existierte auf Bestreben des damaligen Kenzer Pastors eine gedruckte Badeordnung. Darin wurde zusätzlich festgelegt, dass täglich Betstunden in der Kirche zu besuchen seien. Außerdem gab es ein Tanzverbot im Brunnenhaus. Die Begründung lautete: Beim Tanzen würde Staub aufgewirbelt und das klare Wasser verschmutzen.
Das Verzeichnis der Besucher aus dem Jahre 1760 macht ersichtlich, welchen gesellschaftlichen Status die Kenzer Badegäste hatten. Sie waren Landräte, Regierungsräte, Kammerpräsidenten, Offiziere, Generalsuperintendenten und hochrangige Bedienstete des Königs. Auch adlige Fräuleins reihten sich in die Liste der Kurpatienten ein.
Aus einer Preisliste von 1806 geht hervor, dass schon zwischen inneren und äußeren Anwendungen unterschieden wurde, also zwischen Wassertrinken und Waschungen bzw. Bädern. Kutschfahrten nach Barth und Stralsund ergänzten die Kurmaßnahmen.
Nur ein Jahr später begann der Niedergang des Kurbetriebes. Und als kaum noch Gäste anreisten, nutzte man die Gebäude für andere Zwecke. Letztendlich verfielen sie. Allmählich geriet der Kenzer Brunnen in Vergessenheit.
Was sich begleitend unglücklich für Kenz fügte, war die Entstehung von Seebädern entlang der Ostsee. Die Konkurrenz war stark. 1870 riss man das Brunnenhaus ab und deckte den Brunnen ab. Lediglich eine eiserne Pumpe ermöglichte es den Dorfbewohnern noch, Wasser aus der Quelle zu trinken.
Es ist mit einem Helmdach versehen. Schautafeln im Brunnenhaus informieren über:
Radfahrer und Einheimische können an der frei stehenden Schwengelpumpe Trinkgefäße füllen. Ein Obolus ist freiwillig zu entrichten. Vor der Entnahme des Quellwassers sollte das Wasser 15x abgepumpt werden, um an das frische Quellwasser zu gelangen.
Übrigens führt die 2. Etappe des Pilgerweges »Pilgern auf dem Greifenweg« zum Kenzer Gesundbrunnen.
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